“Unsere Plattform soll die eigentliche Nachbarschaft stärken, sodass ein ‘Zusammenrücken’ stattfinden kann”

Manuel Grenacher

Ein Interview mit Manuel Grenacher, Mila

Mila ist eine online Plattform, die qualifizierte Menschen zusammenbringt, um Dinge, also Dienstleistungen, für einander zu erledigen. Wir haben mit dem Gründer Manuel Grenacher dieser sogenannten “Tasksharing” Plattform über sein Geschäftsmodel und collaborative consumption gesprochen.

Wie ist die Idee für Mila entstanden?
Als wir die coresystems AG gleich nach unserem Studium im Jahr 2006 gegründet haben, mussten wir oft an Business-Meetings um unsere Lösungen zu verkaufen. Wir alle hatten keine Zeit unsere Hemden zu waschen und zu bügeln, so haben wir uns im Bekanntenkreis nach Hilfe umgeschaut. Wir wurden damals fündig, eine Frau aus der Nachbarschaft, hat uns das Waschen und Bügeln der Hemden gegen ein Entgelt abgenommen.

Damit war die Geschäftsidee geboren, eine Plattform für kleine Dienstleistungen zwischen Privatpersonen zu bauen. Letztes Jahr haben wir die Gelegenheit gepackt und mit dem Bau von Mila begonnen. Dieses Jahr wurde Mila als Spin-Off von coresystems in Zürich gegründet und verselbständigt.

Wie werden deiner Ansicht Peer-to-Peer (P2P) Plattformen im Allgemeinen in der Schweiz im Gegensatz zu den USA oder anderen Europäischen Ländern angenommen?
Auch wenn es bereits ähnliche Dienste in Übersee gibt, sind wir mit dem P2P Ansatz immer noch sehr früh unterwegs. Die Schweizer können sich noch gut an jene Zeit erinnern wo Handel und kleine Jobs in erster Linie in der Nachbarschaft vergeben wurden. Hier springt Mila in die Lücke und bringt diesen Ansatz in das Zeitalter des Web 2.0. zurück. Wir denken, dass mit so einer Platform die eigentliche Nachbarschaft oder “Community” wie es so schön heisst, wieder gestärkt wird und ein “Zusammenrücken” stattfinden kann. Der Schweizer versteht sehr schnell die Vorteile dieser Plattform um Geld und Zeit zu sparen für kleine Arbeiten, oder sich etwas dazu zu verdienen. Aber wir haben auch in Deutschland bereits mehrere Hundert Nutzer und werden auch da die Plattform bekannt machen und aktiv betreuen. Weiter investieren wir auch in China und Indonesien.

Wie sieht eurer Durchschnittsnutzer aus?
Auf der Einen Seite haben wir beschäftigte Menschen, die Aufgaben des Alltages gerne abgeben wollen. Wie zum Beispiel Gartenarbeiten, Einkäufe erledigen, ein Ikea Möbel zusammenbauen oder ein Wireless Netzwerk zu Hause installieren. Es können aber auch spezifische Aufgaben nachgefragt werden, die spezialisiertes Wissen voraussetzen wie zum Beispiel Klempner Arbeiten oder einen personalisierten Crashkurs für ein Computerprogramm.Auf der Anderen Seite haben wir Menschen die ihr Talent und / oder ihre Zeit gegen Geld anbieten und sich so etwas dazuverdienen möchten. Das kann ein Student sein der Nachhilfe Unterricht anbietet, oder ein pensionierter Handwerker der ab und zu Aufgaben übernehmen möchte, oder die tierliebende Hausfrau, die nebenbei eine Betreuung für Haustiere anbietet.

Was unterscheidet euch von anderen Tasksharing Plattformen wie z.B. Taskrabbit?
Im generellen sind wir sehr ähnlich wie Taskrabbit. Der Hauptunterschied ist, dass über Mila jeder sein Talent (Service) aktiv anbieten kann. Wir fokussieren uns aber auch auf die Lösung von Problemen (Needs). Das heisst wir sind bestrebt Needs für die Plattform zu generieren und möchten dann den Leuten helfen jemanden zu finden, der diesen Need übernehmen kann.

Wir möchten nicht einfach eine Online Version der Gelben Seiten sein, uns ist es wichtig, dass Needs bearbeitet werden und nicht liegen bleiben.

Was waren bisher eure größten Herausforderungen?
Die grösste Herausforderung waren die ersten Transaktionen auf der Plattform hinzukriegen. Wir haben quasi im Freundeskreis begonnen erste Transaktionen zu tätigen um auch erste Erfolgserlebnisse bei den Leuten zu generieren. Es braucht diese ersten Erfolgserlebnisse welche sich die Leute erzählen können und wir auch darüber berichten können.

Welche Rolle spielt Vertrauen für das Funktionieren eurer Plattform?
Eine gute Online Reputation der User ist Key für eine Erfolgreiche Transaktion. Wir bitten die User ihr Facebook Profil, Adresse, Referenzen und weitere persönlichen Informationen auf ihrem Profil zu hinterlegen. Damit soll das Vertrauen der potentiellen Käufer gewonnen und die Absatzchancen der Verkäufer erhöht werden.

Neu haben wir auch ein Rating System, das es beiden Parteien ermöglicht die Qualität der Transaktion zu bewerten. Nach den ersten Transaktionen im engeren Umfeld haben wir gemerkt dass dieses System der Online Reputation eine wichtige Voraussetzung ist. Handel
zwischen Freunden ist nicht das Gleiche wie Handel unter Fremden. Es braucht ein System um sein Gegenüber einschätzen und bewerten zu können. Dieses Reputationssystem wird in den nächsten Wochen und Monaten auch in Zusammenarbeit mit der ETH entsprechend weiter entwickelt.

Welche Dienstleistungen wird auf Mila am häufigsten gesucht bzw. angeboten?
Die Verwendungszwecke hängen stark mit der Saisonalität zusammen. Aktuell vielgefragte Dienstleistungen sind Putzen oder Hilfe beim Umzug. Es gibt auch Evergreens wie zum Beispiel Möbel zusammenschrauben (IKEA), Dog Sitting oder die ganzen persönlichen Life-Coachings (Abnehmen oder Sport treiben).

Wir haben auch gemerkt dass in Europa andere Use Cases relevant sind als in Asien. Dies ist zum Teil kulturell bedingt, kann aber auch mit den Familienstrukturen oder den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Menschen zusammenhängen. Obwohl uns diese Vielfalt manchmal vor große Herausforderungen stellt, macht es doch unsere Arbeit auch spannend und lehrreich.

Vielen Dank für das Interview!

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